Wieder und wieder geprüft

Gen-Mais: Stockende Zulassungsverfahren

Die EU-Kommission zögert die Zulassungsverfahren von drei gentechnisch veränderten Maislinien hinaus.

Die EU-Kommission hat drei Antragsdossiers für die Zulassung gentechnisch veränderter (gv) Pflanzen in der Europäischen Union zurück an die EFSA geschickt. Ob die Furcht John Dallis, des EU-Kommissars für Verbraucherschutz, vor der geballten Macht der Anti-Gentech-NGOs und AktivistInnen, der Auslöser war, ist nicht überliefert. Denn: Die Freundinnen und Freunde der gentechnikfreien Landwirtschaft treffen sich Anfang September zur 7. Konferenz der gentechnikfreien Regionen in Brüssel.(1) Bei den betreffenden Pflanzen handelt es sich um genau die drei, die der Zulassung für den Anbau in Europa am nächsten sind, auf technokratisch: MON810, Bt11 und 1507. Nach Einschätzung von Mute Schimpf von der europäischen Sektion der Nichtregierungsorganisation Friends of the Earth bedeutet dieser Schritt, dass es in 2012 keine neue Zulassung für den Anbau von gv-Pflanzen geben wird. Damit wird es auch unwahrscheinlich, dass die Anbaufläche von gv-Pflanzen in Europa im kommenden Jahr besonders zunimmt.

Gentech-Mais: MON810, Bt11 und 1507

Eine der Pflanzen, die nun erneut von der EFSA überprüft werden muss, ist der - auch in Deutschland durch Anbau in den Jahren 2005 bis 2008 bekannte - gv-Mais MON810 des US-Gentech-Konzerns Monsanto.

Die Zulassung des Mais wäre bereits 2008 abgelaufen. Monsanto hat jedoch schon 2007 eine Erneuerung der Zulassung beantragt, was dazu führte, dass die alte Zulassung bis zu der nun anstehenden Entscheidung gültig bleibt. Während der Prüfung darf der Mais also - wenn es nach den europäischen Stellen geht - in der EU angebaut werden. Allerdings haben die Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, den Vertrieb oder Anbau einer gv-Pflanze auf dem eigenen Territorium zu untersagen. Von diesem Recht haben derzeit sieben Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht, zum Beispiel Deutschland, aber auch Frankreich, Österreich, Luxemburg und andere. Die Bundesregierung hat ihr Verbot so formuliert, dass es so lange wirksam bleibt, bis eine möglicherweise positive Entscheidung in dem Neuzulassungsverfahren getroffen wird.(2) Gleichzeitig ist MON810-Mais die einzige gv-Pflanze, die in der EU überhaupt auf einer nennenswerten Fläche angebaut wird - 2012 etwa auf 100.000 Hektar. MON810-Mais produziert das Insektengift Cry1Ab (Bt-Toxin), das ursprünglich aus dem bodenlebenden Bakterium Bacillus thuringiensis stammt.

Bei den beiden anderen gv-Pflanzen handelt es sich ebenfalls um Maislinien, den von Syngenta produzierten Bt11 und den 1507 von Pioneer. Pioneer ist ein Saatgut-Unternehmen, das zu dem Chemie-Konzern DuPont gehört. Bt11 produziert wie der MON810-Mais von Monsanto das Bt-Toxin Cry1Ab und ist zudem tolerant gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat. Syngenta betont, dass Bt11 in Europa nicht in Verbindung mit Glufosinat vermarktet beziehungsweise angebaut werden soll. Die EFSA folgt dieser Darstellung und hat entsprechend die Wirkungen des Mittels in Verbindung mit dieser gv-Pflanze nicht überprüft. Glufosinat wird vermutlich ab 2017 in der EU verboten. In den USA und Kanada wird Bt11 mit Glufosinat im Paket angeboten beziehungsweise angebaut.

1507 von Pioneer trägt ebenfalls ein Genkonstrukt mit einem Gen, das eine Toleranz gegenüber dem Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat vermitteln soll und einem weiteren, das für ein Insektengift kodiert, das so genannte Cry1Fa2. Auch hier weisen Hersteller der Pflanze und die EFSA darauf hin, dass es nicht geplant sei, den Mais in Verbindung mit dem Unkrautvernichtungsmittel anzubauen.(3)

Die EFSA hat sich, wie Testbiotech (München) berichtet, eine Frist bis Dezember dieses Jahres gesetzt, um die Fragen der Kommission zu beantworten. Der Geschäftsführer der Organisation, Christoph Then, kommentiert diesen Schritt „als ein erstes Signal der EU Kommission, dass die vorliegende Risikobewertung von Gentechnikpflanzen erheblich verbessert werden muss. Wäre die EFSA ehrlich, würde sie zugeben, dass man nicht einmal genau weiß, wie viel Insektengift diese Pflanzen produzieren.“ Und weiter: „Nachdem die Gentechnikexperten der EFSA in den letzten Jahren offensichtliche Probleme mit ihrer Unabhängigkeit hatten, werden jetzt bereits abgeschlossene Gutachten erneut auf den Prüfstand gestellt. Es gibt aber begründete Zweifel daran, dass die EFSA jetzt tatsächlich kritischer prüfen wird.“

 

 

Christof Potthof ist Mitarbeiter des Gen-ethischen Netzwerk und Redakteur des Gen-ethischen Informationsdienst.

 

Fußnoten:

(1)            Zur 7. Konferenz der gentechnikfreien Regionen in Brüssel siehe auch die Rubrik „in Bewegung“ in diesem Heft.

(2)            Siehe dazu den Beitrag „Der Teufel steckt im Detail“ von Christof Potthof im GID 205 (April 2011) und den Aufsatz „The German ban on MON810: scientifically justified or unjustified?“ von Bøhn und Kollegen in Environmental Sciences Europe (2012; 24:22), und die Kurzmeldung auf S.26 in diesem Heft.

(3)            Testbiotech hat bereits 2010 eine umfangreiche Stellungnahme zum Zulassungsverfahren von 1507 veröffentlicht. Diese findet sich auf den Seiten der Organisation zum kostenfreien Herunterladen: www.testbiotech.org/node/363.