Polizei, dein Feind und Opfer?

in (11.11.2010)

Im Jahr 2008 wurden 28.000 Fälle von „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" gemäß § 113 Strafgesetzbuch (StGB) angezeigt. Geht es nach dem Willen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und der Gewerkschaft der Polizei (GdP), so könnte die gestiegene Zahl der registrierten Vorfälle zur Einführung eines neuen Straftatbestandes führen, welchen die GdP als „115 StGB - Tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten" skizziert. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg rührt unermüdlich die Werbetrommel für § 115 StGB, der eine Höchststrafe von zehn Jahren Gefängnis vorsehen soll. Unter Widerstandleisten nach dem alten § 113 StGB fallen schon jetzt das Stehenbleiben beim Abführen oder das Händewegziehen beim Anlegen von Handschellen, sodass unter den 28.000 Fällen viel Belangloses sein wird. Auch besteht häufig der Verdacht, dass Anzeigen wegen Widerstandes nur als Reaktion oder aus Rache gestellt werden, wenn BürgerInnen selbst Beschwerden gegen BeamtInnen erheben. Die stets erwähnten hohen Zahlen verletzter OrdnungshüterInnen bei Großeinsätzen wie Demonstrationen und Fußballspielen schließlich sind nicht selten selbst verursacht - getroffen vom eigenen Pfefferspray, das größzügig bei noch so geringem Anlass versprüht wird.

Trotzdem wird der Ruf nach dem § 115 StGB lauter, welchen die GdP auf ihrer Homepage bereits entworfen hat. Dabei wurden selbstverständlich die Absätze 3 und 4 des aktuellen Vorbildes § 113 StGB weggelassen, da diese für die Strafbarkeit ausdrücklich die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung voraussetzen, bei welcher ein/eine BeamtIn gestört wird. Desweiteren wurde die Mindeststrafe auf drei Monate Gefängnis festgesetzt, obwohl Freiberg ausdrücklich zugab, dass der vorgeschlagene § 115 StGB einen „Angriff [...] auch dann bestraft, wenn der Beamte oder die Beamtin nicht verletzt wird". Sicher gibt es brenzlige Situationen für PolizistInnen im täglichen Einsatz, eine „Strafbarkeitslücke" jedoch nicht. So ist ein Angriff bereits jetzt zumindest eine versuchte Körperverletzung; sofern ein/eine PolizeibeamtIn während der konkreten Vornahme einer Diensthandlung gestört wird liegt ein nach § 113 StGB strafbarer Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Die strafwütige Allianz aus Innenminister und PolizeivertreterInnen sollte sich zur Abwechslung fragen, warum die Polizei in den Augen vieler Menschen eben nicht „Freund und Helfer", sondern „Feind und Schläger" ist. Die zahlreichen brutalen Übergriffe auf DemonstrantInnen oder Fußball-Fans tragen jedenfalls nicht zu einer Imageverbesserung bei.