Gescheiterte Klimadiplomatie

in (10.12.2009)

Auf dem Weltklimagipfel in Kopenhagen konnten sich die Staaten nicht auf Klimaschutz einigen, weil Wirtschaftsinteressen immer noch wichtiger sind. Die Klimabewegung stellt das vor neue Herausforderungen

Wer will Staatsbürgerin der Malediven werden? Klimaaktivist/innen verteilen symbolisch Pässe an die Teilnehmenden der Klimakonferenz im dänischen Kopenhagen. Nicht ohne Grund: Der Inselstaat ist im wahrsten Sinne vom Untergang bedroht: Steigt der Meeresspiegel weiter an, müssen sich die rund 400.000 Einwohner/innen eine neue Heimat suchen. Präsident Mohamed Nasheed ist deshalb überzeugt: Der Temperaturanstieg muss auf 1,5 Grad begrenzt werden. Die Industriestaaten aber wollen das 2-Grad-Ziel festschreiben – und werden vermutlich nicht einmal das erreichen. Für Nasheed ist das inakzeptabel: Er werde keinen „Selbstmordpakt“ unterschreiben, erklärt er in Kopenhagen. Gebracht hat es nicht viel. Das Ergebnis der UN-Konferenz ist weniger als mager. Es gibt einen „Copenhagen Accord“, doch der wird von den Vereinten Nationen bloß als Vorschlag „zur Kenntnis genommen“. Zahlen, welches Land wieviel Treibhausgase einsparen soll, fehlen komplett. Bestrafungsmöglichkeiten bei Nichteinhalten ebenfalls. Auf gut deutsch: Wir wollen den Klimawandel aufhalten, verraten aber nicht wie.

Höchste Zeit für richtigen Klimaschutz


Dabei wird es höchste Zeit: Im Jahr 2013 läuft das Kyoto-Protokoll aus, danach soll es ein neues Abkommen geben. Damit es rechtzeitig in Kraft treten kann, sollte eigentlich der Dezember 2009 die letzte Deadline für die Unterzeichnung sein.Doch mal wieder sind die Verhandlungen gescheitert.

Die USA wollen zunächst ihr eigenes Klimagesetz verabschieden, bevor sie sich international zu Treibhausgas-Reduktionen verpflichten. Außerdem möchten sie, dass auch China als weltweit größter Produzent des Klimagifts CO2 mitmacht. China hingegen beharrt darauf, dass vor allem die Industrieländer für den Klimawandel verantwortlich sind. Der Pro-Kopf-Ausstoß ist dort auch deutlich höher. Die Europäische Union beteuert zwar, sie wolle ein „ambitioniertes“ Abkommen, ist aber nicht bereit, von sich aus die Emissionen um 30 oder gar 40 Prozent zu senken. Die kleinen Inselstaaten und afrikanische Länder, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, hoffen auf effektiven Klimaschutz, haben aber keine Druckmittel.

Wirtschaftliche Interessen

Das eigentliche Problem ist, dass die Länder immer noch die Interessen ihrer Wirtschaft vertreten. Klimaschutz bedeutet eben Mehrkosten und das schmälert den Profit. Dass Klimaschutz längst nicht mehr das Öko-Thema ist, hat sich in Kopenhagen auch dadurch gezeigt, dass über 100 Staats- und Regierungschefs angereist sind.
Und natürlich durften auch die Lobbyisten nicht fehlen.
Die größte Nichtregierungsorganisation (NGO) in Kopenhagen war die Internationale Emissionshandel-Vereinigung IETA, in der die großen Verschmutzer-Industrien zusammengeschlossen sind. 500 waren angereist. Auch auf den beiden Vorgänger-Konferenzen stellte der Industrieverband mehr Vertreter als jede andere NGO.

Herausforderungen für die Klimabewegung

Wie kann es weitergehen nach Kopenhagen? Die Großdemo mit 100.000 Teilnehmenden war ein guter Startschuss für eine globale Klimabewegung. Doch bis zur nächsten Klimakonferenz in Mexiko können Klimaengagierte auch zu Hause jede Menge machen.
In Deutschland sind immer noch 10 neue Kohlekraftwerke im Bau, 15 weitere sind geplant. Sollten die tatsächlich gebaut werden, wären sämtliche Klimaziele faktisch unerreichbar. Einige Neubaupläne konnten durch lokalen Protest schon gestoppt werden. Auch die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken würde sich langfristig negativ auf das Klima auswirken. Denn sie verhindern den Ausbau der erneuerbaren Energien und nur die können auf Dauer für klimafreundlichen Strom sorgen. Es bleibt also noch viel Arbeit.

(Artikel erscheint ähnlich in der aktuellen Utopia)