Abwrackprämie für die Politik

in (06.03.2009)

Da muss ja Murks rauskommen, wenn die Politik mit der Finanzkrise heillos überfordert ist. Ohne Orientierung setzt sie auf die alten Konzepte und wirft der Wirtschaft das Geld in den Rachen. Zum Beispiel mit der Abwrackprämie. Wenn sich der Verkehrsclub Deutschlands (VCD) nun darüber lustig macht, ist das nur konsequent.

 

Auf einmal ist die Finanzkrise da und alles scheint anders. Dabei hat sich eigentlich nicht viel geändert: Die Regierungen machen weiterhin Politik für die großen Konzerne. Die „Berater" sind immer noch die gleichen. Und der freie, sich selbst regulierende Markt war auch zuvor schon mehr Ideologie als Wirklichkeit: Wenn er als Rechtfertigung für gewisse Politikmaßnahmen gepasst hat, wurde auf ihn verwiesen. Wenn er aber bedeutet hätte, dass große Konzerne entmachtet werden, dann wurde er gerne totgeschwiegen.

Bekommt auch dieses Auto eine Abwrackprämie? Foto: PussyWagon / jugendfotos.de
Bekommt auch dieses Auto eine Abwrackprämie? Foto: PussyWagon / jugendfotos.de

 

Wer am lautesten schreit...

Und so ist es mehr oder weniger egal, ob die so genannten Wirtschafsexpertinnen und Wirtschaftsexperten vom freien Markt oder von Verstaatlichung sprechen. Entscheidend ist, was dabei rauskommt. Und in Zeiten der Krise ist das vielleicht noch entscheidender, denn für einige Unternehmen geht es um Leben und Tod. Weiterhin wird nach dem Motto verfahren: Wer am lautesten schreit, kriegt das Geld zugeschanzt. Schließlich ist davon auf einmal genug da - weil es ja um die Rettung der Wirtschaft geht.

Und wer kann in Deutschland lauter schreien als die Autolobby? Die großen Autohersteller sind gut organisiert, haben mächtige Lobbyvertretungen in Berlin und Brüssel. Die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen könnten niemals solch einen Druck aufbauen - von den vielen Arbeitenden oder gar den Erwerbsarbeitslosen ganz zu schweigen.

Umweltprämie oder Abwrackprämie?

Und weil es immer etwas besser ankommt, wenn man das Geld an die Bürgerinnen und Bürger verschenkt und zusätzlich irgendwie von „Umwelt" oder „Klima" redet, hat sich die Bundesregierung die Abwrackprämie ausgedacht. Verzeihung: Umweltprämie. Wer sein Auto verschrotten lässt und sich ein neues kauft, erhält 2.500 Euro geschenkt. Die Autoindustrie freut sich.

Was das ganze mit dem Umweltschutz zu tun hat, ist schon etwas schwieriger zu erklären: Unterstellt wird, die neuen Fahrzeuge seien umweltfreundlicher als die alten. Nur: Vorgeschrieben ist das nicht. Das neu gekaufte Auto soll dann zwar der Abgasnorm „Euro 4" entsprechen, aber Obergrenzen für den Ausstoß des klimaschädlichen CO2 sind darin nicht festgeschrieben. Außerdem kann auch ein Auto verschrottet werden, das diese Abgasnorm bereits erfüllt. Vielleicht ist das neue Auto noch klimaschädlicher.

Abwrackprämie ohne Verschrottung

Unberücksichtigt bleibt auch der Energieaufwand, der zur Herstellung eines neuen Autos und zur Verschrottung des alten benötigt wird. So kann es durchaus umweltfreundlicher sein, das Auto länger zu fahren, obwohl inzwischen schon effizientere Autos gebaut werden können. Der große Clou kommt aber noch: Die Abwrackprämie ohne Abwrackung! Der Fahrzeugschein muss nämlich nicht vernichtet werden, um an die 2.500 Euro zu kommen. Und so kann das Auto - statt verschrottet zu werden - ins europäische Ausland verkauft werden.

Die Liste der Verrücktheiten ist aber noch nicht zu Ende. Wir kürzlich bekannt wurde, können Hartz IV-Empfänger keine Abwrackprämie erhalten - beziehungsweise sie können, aber dafür erhalten sie dann kein Arbeitslosengeld II mehr. Nun sieht es jedoch danach aus, als würde zumindest das geändert.

 

"Neue Räder braucht das Land" - Kampagne des Verkehrsclub Deutschlands gegen die Abwrackprämie
"Neue Räder braucht das Land" - Kampagne des Verkehrsclub Deutschlands gegen die Abwrackprämie Bild: www.vcd.org

Spaßkampagne gegen die Abwrackprämie 

Wer aber ganz sicher ausgeschlossen bleibt, sind die unzähligen Bahnfahrer, Busfahrerinnen Radfahrer und Fußgängerinnen - kurz: alle, die sich umweltfreundlich verhalten. Und das hat den Verkehrsclub Deutschland auf den Plan gerufen: Mit einer Kampagne „Neue Räder braucht das Land!" wirbt er dafür, dass möglichst viele Radfahrerinnen und Radfahrer für die Verschrottung ihrer alten Räder die Abwrackprämie beantragen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das die Abwrackprämien vergibt, findet das allerdings gar nicht witzig: Es droht bereits mit rechtlichen Schritten.

Vielleicht sollte sich die Behörde mal Gedanken machen, warum sie eigentlich solch einen Unsinn wie die Abwrackprämie verwaltet. Wäre es da nicht sinnvoller, sich einzugestehen, dass die Politik versagt hat, wenn es um eine Antwort auf die Finanzkrise geht? Dabei wäre eine Abwrackprämie sicherlich gut für die Politik: Wenn dann endlich die alten Politikerinnen und Politiker ausschieden - das wäre vielleicht auch etwas mehr wert als die 2.500 Euro.

Felix W.

 

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