„Zentrum gegen Vertreibung“: Gezielte Geschichtsfälschung

Der „Bund der Vertriebenen“ (BdV) mit seiner geschichtsrevisionistisch höchst aktiven Vorsitzenden Frau Steinmann, CDU-MdB, geriet in den letzten Jahren im In- und Ausland massiv in die Kritik. Wer Teile des deutschen Tätervolkes bis zum 8.5.1945 primär als „Opfer“ vorstellt, zieht folgerichtig politische Attacken gegen das geplante „Zentrum gegen Vertreibungen“ auf sich. Der BdV erklärte bereits in seiner Gründungscharta: „Die Heimat ist nicht verloren, solange wir treu zu ihr stehen.“ Dieser Revanchismus entsprach den in der Alt-BRD üblichen Grenzrevisionsbestrebungen. Der BdV steigerte jedoch mit der Forderung „Rückgabe oder Entschädigung“. D. h. die von den deutschen Faschisten überfallenen und ausgeplünderten Staaten bzw. Opfer sollen Wiedergutmachung leisten und nicht jene, die an einem völkerrechtswidrigen Aggressionskrieg beteiligt waren!

Frau Steinbach begleitete die Diskussion um das „Zentrum“ mit Aussagen, die ihren historischen „Sachverstand“ belegen. Sie verglich die Vernichtungslager Auschwitz, Maidanek, Sobibor und Treblinka mit der „Vertreibung“. D. h.: die Verantwortlichen für das Potsdamer Abkommen vom 2.8.1945, in dem in Art. XIII der Transfer rechtlich geregelt ist, stellt sie auf die gleiche Stufe wie die barbarische NS-Führung! Von gleicher Geschichtsfälschung charakterisiert ist ihre Erklärung: „Im Grunde genommen ergänzen sich die Themen Juden und Vertriebene ... Dieser entmenschte Rassenwahn hier wie dort; der soll auch Thema des Zentrums sein.“ Dieselbe provokative Gleichsetzung plus Umsiedlung gleich Rassenwahn! Was mit dem Ziel der Sicherung künftigen Weltfriedens geschah: die Beseitigung der Störenfriede aus Nachbarstaaten Deutschlands und die Zusammenfassung aller Deutschen in einem zu kontrollierenden Land, wird als „Rassenwahn“ verteufelt und die Unterzeichner des Potsdamer Abkommens auf die Anklagebank gesetzt!

Die anhaltende Kritik am geplanten „Zentrum gegen Vertreibungen“ (vor der Kritik im Singular!) führte dazu, dass man quasi als Test die Ausstellung „Erzwungene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts“ vorausschickte. Es ist davon auszugehen, dass Wesentliches des „Zentrums“ in der Ausstellung vorweg genommen ist. Deshalb folgend einige Kritiken zur Ausstellung. Sie wurde in Berlin, Frankfurt/M. und München gezeigt: mit geringer Resonanz.


Wesentliches wird verschwiegen; vieles gefälscht

Im 1. Teil der Ausstellung konfrontiert man die Besucher mit dem „Völkermord an den Armeniern“ 1915/1916, folgend mit dem „Bevölkerungsaustauch“ von Griechen und Türken 1922/1923. Später schiebt man die „Umsiedlung der Karelier“ 1939/40 und die Fluchtbewegungen während der Teilung Zyperns 1974/75 nach. Beim Betrachter weckt man entsprechende emotionale Betroffenheit und Gegnerschaft gegen solche Praktiken mit dem erkennbaren Ziel, diese Emotionalität auf den Transfer Deutscher 1945/1946 zu kanalisieren. Verschwiegen wird: keines der bereits genannten Völker machte sich vor der Umsiedlung eines schweren Verbrechens schuldig. Deutsche Umsiedler nahmen jedoch in verschiedenen Verantwortungsgraden gewiss an singulären Verbrechen teil! Jene Volksgruppe, der ein spezieller Teil der Ausstellung gewidmet ist, die Deutschen aus der CSR, wirkten nicht nur höchst aktiv an der Zerschlagung einer funktionierenden bürgerlich-parlamentarischen Demokratie zu Gunsten des faschistischen und auf Kriege orientierten Deutschlands mit. In dem von Hitler angeordneten „Bürgerkrieg“ im Spätsommer 1938 in der CSR töteten Aktivisten der faschistischen SdP (Sudetendeutsche Partei) Konrad Henleins 110 deutsche und tschechische Antifaschisten; 2 020 verschleppten sie über die Grenze – 1945 meldeten sich von denen nur noch ca. 1 000. Dazu: bewaffnete Angriffe auf Staatsorgane der CSR und auf Volkshäuser der Antifaschisten. – Dem Betrachter wird also ein realitätsfernes Bild vermittelt und man lenkt ihn ab von denen, die als Täter wirkten.

Der 2. Teil der Ausstellung beginnt alarmierend: „Die Rote Armee verbreitete 1944 panische Angst ... Massaker an der Zivilbevölkerung“ folgten. Der kritische Betrachter fragt, ob da nicht vorher etwas geschah und warum die Rote Armee 1944 deutschen Boden be–trat? Keine Aussage in der Ausstellung zu den Greueltaten – nicht nur der SS! – in der UdSSR! Kein Wort zu der geplanten Steigerung des Krieges zum „Vernichtungskrieg“, also auch contra Nichtkombattanten! Kein Wort zu den verbrecherischen Befehlen der Marschälle Manstein und Reichenau, wonach dies kein normaler Krieg wäre, dass das „jüdisch-bolschewistische System ein für allemal auszulöschen“ sei! Kein Hinweis auf Hitlers angekündigte „Technik der Entvölkerung“, mit der 30 Millionen Slawen auszurotten seien, damit die Deutschen neuen Lebensraum erhielten! Kein Wort vom „Generalplan Ost“ Himmlers, der vorsah, 31 Millionen Slawen nach Sibirien umzusiedeln und den Rest zu „germanisieren“, soweit es die rassischen Merkmale zuließen!

Nach den Tafeln über die Rote Armee eine weitere Einseitigkeit und Fehlinformation: die Vertreibung Deutscher nach 1945 „stellt die größte Zwangsmigration in der europäischen Geschichte dar“, etwa 12 Millionen. Verschwiegen wird, dass die deutschen Faschisten allein in der UdSSR 14 Millionen Menschen aus ihrer angestammten Heimat vertrieben; dazu kommen ca 6 Millionen Serben, Polen und Tschechen u. a. Etwa 20 Millionen Menschen in den überfallenen und okkupierten Staaten vertrieben die deutschen Faschisten insgesamt. – Es soll hier keine Aufrechnung erfolgen. Es geht darum, die offenkundigen Lügen und Vernebelungen des BdV, vertreten durch Frau Steinmann als Vorsitzende, deutlich zu benennen. 

Im einleitenden Text zur Ausstellung heißt es: „Die Umsetzung der Idee eines ethnisch homogenen Nationalstaates ist eine der Hauptursachen der Vertreibung“. Das ist belegbar falsch. Zwar wirkten in vielen europäischen Staaten durchaus Nationalismen, auch in Polen und in der CSR. Diese waren jedoch nicht die Hauptursache, die zum Potsdamer Abkommen mit den Umsiedlungen führte. Die Realität ist: allein die Besonderheit und Unmenschlichkeit faschistischer Gewaltverbrechen an anderen Völkern bzw. Einzelmenschen führte zu den von den „Großen Drei“ der Siegermächte angeordneten Transfers – selbst wenn in manchen Staaten großbügerliche Interessen an der Beseitigung der „Unruheherde“ wirksam waren. Die CSR z. B. war vor 1938 ein Vielvölkerstaat und blieb es auch nach 1945: ca. 800 000 Ungarn und auch viele Deutsche sowie weitere siedeln heute in der CSR. Also kein „ethisch homogener Nationalstaat“. Kein Beleg deutet darauf hin, dass die Irreführung mit obigem Zitat etwa keine sei.

Belegbar falsch ist auch die Aussage in der Ausstellung des BdV: „Mit Kriegsbeginn setzten bei den Kriegsgegnern Deutschlands Planungen für die Nachkriegszeit ein, zu denen Umsiedlungen zählten.“ Zunächst wird in diesem Satz nicht zwischen Aggressor und Überfallenen bzw. Okkupierten unterschieden: es gibt nur „Kriegsgegner“! Realitätsfern ist diese Aussage auch insofern, weil bei Kriegsbeginn bis zur Wende von Stalingrad 1943 die meisten Akteure noch nicht wissen konnten, wie dieser Krieg enden würde. Solange die faschistischen Truppen große Teile Europas und auch Nordafrika besetzt hielten und ihre eigenen Ressourcen an Menschen, Maschinen, Kriegsgerät und Devisen durch Raub ergänzten bzw. erweiterten, konzentrierten sich die ab 1941 in der Anti-Hitler-Koalition vereinten Mächte auf die Abwehr des Aggressors. Planungen für die Umsiedlungen begannen erst, als die singulären Verbrechen der willigen Helfer der NS-Führung bekannt wurden und als der Zweite Weltkrieg nach der deutschen Niederlage von Stalingrad nicht mehr die komplette Aufmerksamkeit der Regierungen und Stäbe der Anti Hitler-Koalition absorbierte. Erst dann boten sich Gelegenheiten, über die Nachkriegszeit zu reflektieren.

Die Ausstellungsmacher geben „die Westverschiebung Polens bis an die Oder-Neisse-Grenze“ sowie die Umsiedlungen insgesamt aus als „politisch populäres Element im Prozess der kommunistischen Machtergreifung 1945“. Die UdSSR unter Stalin, die die Kriegswende eingeleitet und die Hauptlast der Zurückdrängung und späteren Zerschlagung der faschistischen Machtapparaturen trug, vermochte zwar einiges. Aber ohne die aktive Mitwirkung der US-Führung und der Großbritanniens wäre diese geopolitische Veränderung kaum möglich gewesen. Wie an vielen anderen Stellen der BdV-Präsentation wird Antikommunismus gezielt geschürt – auch um von deutsch-faschistischen Gewaltverbrechen abzulenken. Bei den Texten über den Hitler-Stalin-Pakt 1939 fehlt jedoch ein entscheidender Hinweis. Im Auftrag einer Internationalen Kommission legte man 1923 die sogenannte „Curzon-Linie“ als Grenze zwischen Polen und der UdSSR fest: weil östlich dieser Linie ungleich mehr Weißrussen, Ukrainer und Russen lebten als Polen. 1920 verschob Polen per Krieg gegen den damals relativ schwachen Sowjetstaat die Grenze weit nach Osten. 1939 und 1945 legte man sie im Sinne der Curzon-Linie fest. Auch in diesem Fall verschweigt der BdV in der Ausstellung, dass es ohne deutsch-faschistischen Raub- und Vernichtungskrieg keine „Westverschiebung Polens“ gegeben hätte! Die DDR anerkannte diese Grenze: als „Friedensgrenze“, in der Alt-BRD dauerte es lange, bis man die durch den Zweiten Weltkrieg geschaffenen Realitäten akzeptierte. Der BdV gehört zu jenen Akteuren, die reaktionär konservierend auf die Bonner Politik wirkte. 


Hauptangriff gegen „die“ Tschechen und gegen Beneš 

Im Abschnitt über die CSR heißt es: Deutsche Aussiedler „wurden kollektiv für die Verbrechen des NS-Regimes verantwortlich gemacht“. Unrichtig! Die knapp 20 Prozent der Deutschen in der CSR, die Antifaschisten, die vor und nach dem Münchener Abkommen vom 29.9.1938 aktiv für den demokratischen Staat und contra Faschismus kämpften, erhielten mit den Benesˇ-Dekreten 1945 die Staatsbürgerschaft der neuen CSR mit allen Rechten und Pflichten. Das ist ein spezielles Problem: sie siedelten freiwillig und privilegiert aus.

Der Abschnitt der Ausstellung „Die Vertreibung der Deutschen aus der CSR“ ist ein Höhepunkt der Fehlinterpretationen. Es ist total ausgeklammert, dass die faschistische SdP Konrad Henleins eine Hauptrolle im „Plan Grün“ des von Hitler genehmigten Plans des deutschen Generalstabs darstellte, instrumentalisiert zwar, aber eben höchst aktiv und aggressiv bei der Amputation der CSR, der dann Monate später die Besetzung der Rest-CSR, des „Protektorats“ von Hitlers Gnaden, folgte. Der „Plan Grün“ mit der 
1. Komponente: militärischer Aufmarsch an den Grenzen der CSR als Drohkulisse, 
2. Psychologischer Krieg zur Einschüchterung der Tschechen und 3. die SdP als innerer Stör- und Zerstör-Faktor ist ebenso verschwiegen wie Hitlers Befehl zum „Bürgerkrieg“ als Vorwand für das Ausland zur militärischen „Hilfe“ der „unterdrückten Deutschen“ in der CSR. Hitler benötigte einen plausiblen Grund zum „Einmarsch“: die faschistische SdP Henleins lieferte ihn. Die Instrumentalisierung des „Selbstbestimmungsrechtes“ der Deutschen diente höchst aggressiven Zwecken! Im „Führerstaat“ Deutschland gab es keine Chance für „Selbstbestimmung“.

Der Satz in der Ausstellung „Die von Henlein geführte nationalsozialistische Sudentendeutsche Partei hatte zudem die in der CSR lebenden Deutschen als antitschechisch und Hitler-freundlich diskreditiert“. Einerseits wird zugegeben, was hinreichend bekannt und nicht zu verschweigen ist, andererseits bleibt Wesentliches ungesagt. Die Tsche-chen qualifizierte man im Sinne der Goebbelsschen Propaganda ab als „minderwertiges Volk“, das sich der „Herrenrasse“ unterzuordnen habe; die deutschen Antifaschisten der CSR galten als „Verräter am Volkstum der Deutschen“ mit entsprechender „Behandlung“.

Es wird angemerkt im Teil über die CSR, dass die „Zwangsaussiedlung der Deutschen in der Tschechoslowakei besonders brutal und umfassend“ gewesen sei. So umfassend war sie insofern nicht, weil viele Deutsche, die als Täter in der SdP wirkten, nach 1945 zur wie-dergutmachenden Arbeit in der CSR verpflichtet wurden; 10 Jahre später erhielten sie die Staatsbürgerschaft. Die Antifaschisten der CSR wurden bereits erwähnt. Die „Brutalität“ der Aussiedlung war kaum anders als etwa in Polen. Zudem: Demütigungen, Ausplünderungen und Terror zeitigten in allen okkupierten Staaten Hass auf „die“ Deutschen, der auch gegenüber Kriegsgefangenen in 1945 befreiten Staaten oft in Gewalt um-schlug. Da machte die CSR kaum eine Aus–nahme. Berücksichtigt man die „besondere Brutalität“ der Hitler-Anhänger in der CSR vor dem Münchener Abkommen contra Tschechen und deutsche Antifaschisten als Staatsbürger der CSR, dann erklärt sich manches an gewiss nicht zu rechtfertigenden Übergriffen. Nach 1945 büßte das Tätervolk für die vorher begangenen Gewaltverbrechen.

In der Version des BdV und von Frau Steinmann verordneten die Benesˇ-Dekrete „die Entrechtung und Enteignung der Deutschen“. Verschwiegen wird: 1938 erhielten die Deutschen der CSR die reichsdeutsche Staatsbürgerschaft: ca. 80 Prozent mit Jubel, die Antifaschisten gedemütigt, soweit sie nicht emigrierten. Im Mai 1945 entstand die CSR neu und die Deutschen in Böhmen und Mähren besaßen nach wie vor die deutsche Staatsbürgerschaft. Da vergaßen viele, dass sie 1938 laut schrien: „Mit den Tschechen können wir nicht mehr zusammenleben!“ Nun aber weigerten sich die Tschechen – keineswegs nur Benesˇ! – nach ihren Erfahrungen mit der Mehrzahl der Deutschen in der CSR diesen erneut die Staatsbürgerschaft zu gewähren. Es wirkten Befürchtungen, ob berechtigt oder nicht, dass sich wiederholen könnte, was man vor 1938 erlebte. Und die „Enteignung“? In einem Benesˇ-Dekret ist diese die Deutschen betreffend fixiert: als Teil-Wiedergutmachung der enormen Schäden, die die CSR 1938 und 1939 erfuhr: durch Deutsche. Enteignet wurden vor allem deutsche Fabrik-, Großgrund- und Villenbesitzer, die entweder Mitglied der SdP waren oder sie finanziell unterstützten. Von den sogenannten „kleinen Leuten“ war nicht viel zu holen, obwohl es gewiss ein herber Verlust war, wenn man die angesparte Habe verlor. Der größere Verlust war der der Heimat – dies war Folge des von Deutschen begonnenen und verlorenen Vernichtungskrieges!

Das dritte die Deutschen betreffende Benesˇ-Dekret beinhaltet die Bestrafung der Kriegsverbrecher im Sinne des Londoner Abkommens vom 8.8.1945, später von der UNO-Vollversammlung bestätigt. Begriffe wie „Aussiedlung“ oder gar „Vertreibung“ kommer/in keinem dieser Dekrete vor. Mit der Ausstellung soll der falsche Eindruck vermittelt werden, als hätten vor 1938 „die“ Tschechen und „die“ Deutschen in der CSR sich feindlich gegenübergestanden. Auch das ist falsch. Der tasächliche politische Frontverlauf war: hier die attackierenden deutschen Faschisten der CSR, dort deutsche und tschechische Antifaschisten, die das letzte Bollwerk der Demokratie in Mitteleuropa verteidigten!


Sprachgebrauch und Funktionen von Geschichtsfälschung

Die Begriffe „Flüchtling“ und „Umsiedler“ waren bis zur Gründung der BRD üblich und amtlich. Mit Beginn der riskanten Konfrontation in Europa und auf deutschem Boden tauchte der diskriminierende Terminus „Vertreibung“ auf, der Willkür und Ungesetzlichkeit enthält. Den für die Umsiedlungen Verantwortlichen sollte Unrecht unterstellt werden. Bundespräsident Horst Köhler erklärte am „Tag der Heimat“ am 2.9.2006: „Deutschen Vertriebener ist Unrecht geschehen.“ Nicht nur der falsche Begriff „Vertriebene“ wird popularisiert, ebenso der falsche Begriff „Unrecht“ – womit zu Recht würde, was die deutschen Faschisten verbrachen.

Die Bundesregierung plant ja auch eine „richtigstellende“ Ausstellung, in der nach bisherigem Wissensstand manche Fehler wiederholt, mache abgemildert und andere hinzugefügt werden. Prof. Schäfer ist ja auch maßgeblicher Kurator in beiden Projekten. Die Ausstellung des BdV basiert – oft bis zur Wortgleichheit – auf Arbeiten der NS-Propagandisten E. Lemberg und Prof Raschhofer. Letzterer amtierte als Berater des Stellvertreters Henleins, K. H. Frank, stellv. Reichsprotektor in Böhmen/Mähren. Lemberg erwarb sich Meriten als Propagandist „Sudetendeutscher Freikorps“ und schrieb die Texte für den Ostkunde-Unterricht an Schulen der BRD. Beide Herren predigten die „kulturelle Superiorität“ der Deutschen, wirksam seit 1 000 Jahren (!) vor allem in Osteuropa.

Schon die Schröder/Fischer-Regierung begann am 4.7.2002 mit dem Projekt „Europäisches Zentrum gegen Vertreibung“. Einerseits vermochte sie sich nicht gegen berechtigte Einwände contra BdV-Projekt zu sperren, andererseits wollte sie jene Wähler nicht vergrätzen, die das Projekt des BdV unterstützten. Zwar sollte nun ein „europäischer Dialog“ beginnen und das eigene Zentrum sollte „die Normalisierung deutscher Geschichtsbetrachtung“ fördern bzw. Geschichtspolitik entkrampfen. Der Eindruck bei kritischen Beobachtern verstärkte sich jedoch, dass auf Umwegen erreicht werden sollte, was CDU/ CSU und BdV offen anstrebten: das „Recht auf Heimat“ rechtlich zu verankern contra Potsdamer Abkommen! Ein Mahnmal gegen Krieg und für Frieden forderte alternativ ein Sprecher der „Linken“ im Deutschen Bundestag.

Das Faktum, dass für das Holocaust-Mahnmal ca. 25 Millionen Euro bereitgestellt wurden, für das „Zentrum“ jedoch nach BdV-Angaben „mehr als das Dreifache“, spricht Bände. Das der Öffentlichkeit vorgestellte Projekt der Bundesregierung „Flucht Vertreibung Integration“ mit einem Begleitbuch ist keineswegs eine Korrektur der Pläne des von der CDU/CSU unterstützten Projekts des BdV. Es dominieren erneut deutsche Positionen an Stelle versprochener europäischer Ausrichtung. Sollten die Ausstellungsmacher den Auftrag des Gesetzgebers ignoriert haben? Hätte man die Signatarmächte des Potsdamer Abkommens – Großbritannien und Frankreich – mit einbezogen, wäre ein anderer Inhalt hinsichtlich der Umsiedlungen von 1945/46 zu erwarten gewesen.

Bei den präsentierten „Zwangsmigrationen“ erweckt man den falschen Eindruck, es hätte in der CSR vor 1945 „Vertreibungen“ Deutscher gegeben. Was hinsichtlich der CSR an Einzelheiten festgestellt wird, ist falsch. Auch hier unterstellt man in Ausstellung und Begleitbuch, dass „die“ Tschechen einen „ethnisch homogenen Nationalstaat“ erstrebten! Höchst irreführend auch, was über die CSR von 1918 bis 1938 ausgesagt wird. Das Faktum, dass bis 1933 ca. 85 Prozent der Deutschen in der CSR konstruktiv versuchten, die verfassungsrechtlich gewährten Menschenrechte durch Minderheitsrechte zu ergänzen, wird verschwiegen. Unerwähnt bleibt die Zäsur, die 1933 durch massive Einflüsse des faschistischen Deutschlands entstand. Die Fälschungen sind verständlich, wenn man das Wirken des bereits genannten Prof. Schäfer berücksichtigt.

Dies alles sind nur Bruchstücke des offiziellen und inoffiziellen Geschichtsrevisionismus in Deutschland. Versuche, die deutlichen Nachwirkungen des deutschen Sonderwegs von 1789 bis 1945 im Dunkel der Geschichte verschwinden zu lassen, sind nur eines der Motive. Zugegeben, dass die Rehabilitierung und Reaktivierung faschistischer Täter primär die US-Führung zu verantworten hat, die 1945 die „Ost-Experten Hitlers“ und nicht nur diese für ihre neue, auf das Monopol an der Atombombe gestützte Globalstrategie benötigte (weil mit Antifaschisten die „Politik am Rande des atomaren Abgrundes“ nicht zu realisieren gewesen wäre): die reaktivierten NS-Nutznießer/und Amtswalter in allen Bereichen bis in die Spitzen des Staates: da wirkte der alte Geist weiter mit den alten Praktiken, auch wenn viele ein de-mokratisches Mäntelchen umgehängt hatten. Da man sich gleichberechtigt einordnen wollte in die westlichen Gemeinschaften, retuschierte man nicht nur die eigene Vergangenheit; damit diese Weißwäsche gelingen konnte, mussten die faschistischen Verbrechen bagatellisiert werden, wo sie nicht zu verschweigen waren. Nur Hitler mit seinen engsten Mitarbeitern war angeblich an allem schuld. Dass er ohne ein großes Heer an Mittätern und Mitläufern die innenpolitischen und internationalen Verbrechen nicht realisieren konnte, wurde vernebelt. Man benötigte auch einen „Schuldigen“, an dem man sich abreagieren konnte. Prof. E. Nolte, der den „Historikerstreit“ von 1986 auslöste, fand und propagierte die strategische Lösung, auch wenn sie aller historischen und aktuellen Faktizität widersprach: der „Klassenmord“ in der UdSSR sei Auslöser des späteren „Rassemordes“ der NSDAP gewesen! An allem also, was an Unrecht von deutscher Seite geschah und folglich auch geschieht, sind die Kommunisten schuld! Die Wurzeln des Faschismus im Deutschen Kaiserreich mit Judenächtung, mit Bismarcks singulärem Sozialistengesetz, mit Kriegshetze und Fremdenhass bleiben ausgeklammert, damit das (falsche) Bild stimmt! 

Gewiss dient es auch der Systemstabilisierung, wenn die DDR verteufelt und auf politische Anweisung auch „delegitimiert“ wird. Die irreführende Lehre von „zwei deutschen Diktaturen“ wird in die Gehirne der Menschen einzuhämmern versucht, um reale politische Entscheidungen zu blockieren.

Eine fundierte Kritik an den Ausstellungen, der des BdV und der offiziellen, sollte ein Ansatzpunkt sein, um gegen Geschichtsfälschungen jeder Art vorzugehen. Klare Antworten auf „Woher kommen wir?“ – „Wo stehen wir?“ und „Wohin streben wir?“ sollten stets gegeben werden, verbunden mit Klarstellungen, wo die Herrschenden in Deutschland herkamen und herkommen. Und: wo sie stehen und wohin sie streben!




Quellenangaben:

Ausstellungskatalog „Erzwungene Wege ...“
Ausstellungskatalog „Europäisches Zentrum gegen Vertreibung“
R. Badstübner, Entstehung und Entwicklung der BRD, 
1979 (2)
BdV-Dokumentation „Für Heimat und Zukunft“, 1959 J. W. Bürgel, Tschechen und Deutsche 1918 - 1938, 1967
Deutsch-Tschechische Nachrichten, laufend
F. Fischer, Griff nach der Weltmacht, 1961 
W. Goldenach/H. D. Mirnow, Deutschland erwache! 2001
J. S. Hajek, Signal auf Krieg, September 1938, 1960
J. Heydecker/J. Leeb, Der Nürnberger Prozess, 1960
Lorenz Knorr, Rechtsextremismus in der Bundeswehr, 2002
Ders., Kontinuitäten des Rechtsextremismus, 2003
R. Kühnl, Faschismus, 1970
Ders., Vergangenheit, die nicht vergeht, 1987
S. Salzkorn, Grenzenlose Heimat, 1999
W. Röhr, Bulletin September 1938, 2008
H. U. Wehler, Entsorgung der deutschen Vergangenheit? 1988
W. Wippermann, Umstrittene Vergangenheit, 1998