Gerichtsvollzieherwesen: Privatisierung?

Rubrik RechtKurz

Ginge es nach dem Willen des Bundesrates, so müsste das Gerichtsvollzieherwesen - das "Schwert der Justitia" - privatisiert werden.

Ein entsprechend eingebrachter Gesetzentwurf fand im Bundesrat am 11. Mai 2007 eine Mehrheit. Die Entscheidung des Bundestages steht noch aus. Die Bundesregierung sprach sich unterdessen auf Empfehlung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gegen ein solches Vorhaben aus. Eine Zustimmung des Bundestages zu dem vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf, der eine Grundgesetzänderung vorsieht, gilt auch wegen der erforderlichen 2/3-Mehrheit als unwahrscheinlich.

Was aber steckt hinter dem Privatisierungsvorschlag? Zugegeben: Eine hoheitliche Aufgabenwahrnehmung nicht mehr durch Beamte, sondern durch selbstständig tätige Private ist dem deutschen Justizsystem angesichts des Notarwesens nicht allzu fremd. Auch sieht der Gesetzentwurf nur eine entschärfte Form der Privatisierung vor - das so genannte Beleihungsmodell. Dabei werden selbstständig tätige Private mit dem öffentlichen Amt des Gerichtsvollziehers "beliehen". Sie stehen also zum Staat in einem öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis und üben die anfallenden hoheitlichen Aufgaben unter dessen Aufsicht aus. Die auf diese Weise beliehenen privaten Gerichtsvollzieher tragen das wirtschaftliche Risiko ihrer Amtstätigkeit selbst. In der Theorie soll diese privatwirtschaftliche Organisation hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung durch Wettbewerb zu Effizienzsteigerungen und Kostenersparnissen führen.

In Wirklichkeit dürfte jedoch die angestrebte Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens nicht allein durch eine rein betriebswirtschaftliche Betrachtung motiviert sein. Vielmehr brächte ein Systemwechsel vor allem eine Entlastung der Länderhaushalte mit sich, da sich die beliehenen privaten Gerichtsvollzieher dann über eine Gebührensteigerung um mindestens das Dreifache selbst finanzieren würden. Doch nicht ohne Grund wurden, vor allem auf Druck der Bundesrepublik, die Tätigkeiten der Gerichtsvollzieher aus dem Anwendungsbereich der EU-Dienstleistungsrichtlinie genommen. Zur Vollstreckung von Gerichtsurteilen sind den Gerichtsvollziehern nämlich Zwangsmittel in die Hand gegeben, die tief in die Grundrechte der BürgerInnen eingreifen können. Die Ausübung solcher Zwangsmittel durch Private, die miteinander im Wettbewerb stehen, liefe dem Schutz der häufig sozial schwächeren Schuldner zuwider. Letztlich ist die Arbeit der Justiz nicht an betriebswirtschaftlichen Kriterien, sondern allein daran zu messen, wie sie ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllt.