"Rückschlag für Klimaschutz"

Rückschrittlicher Kompromiss bezüglich der Grenzwerte von CO2-Emissionen bei Neuwagen

Die EU-Kommission wollte seine Mitgliedsstaaten darauf verpflichten, dass die Neuwagen bis 2012 den durchschnittlichen CO2-Ausstoss von 120 Gramm pro Kilometer nicht überschreiten. Die Automobilindustrie wird ihre eigene freiwillige Selbstverpflichtung deutlich nicht erreichen, die Emissionen bereits bis 2008 auf 140 Gramm zu senken. Auf Druck Deutschlands hat Europa seine Zielvorgabe nun um 10 Gramm auf 130 Gramm erhöht, weitere 10 Gramm sollen durch Biokraftstoffe und Änderungen des Fahrverhaltens erzielt werden.
Statt, wie vollmundig angekündigt, im internationalen Klimaschutz die Vorreiterrolle einzunehmen, könnte Deutschland nun zu einem Bremser gegen im Kampf für die Erderwärmung werden. Ich bin tief enttäuscht, dass nach vielen guten und vorbildlichen Maßnahmen, wie der Förderung der Erneuerbaren Energien und der Aufstockung der Mittel für die Wärmedämmung, jetzt wieder auf die Bremse gedrückt wird. Hier wäre mehr möglich gewesen.
Der neuste IPCC-Bericht hat uns noch einmal verdeutlicht, wie ernst wir die Erderwärmung nehmen müssen. Statt Rückzuggefechte zu führen, sollen wir mit mutigen Maßnahmen vorangehen. Dazu gehört beispielsweise ein Wärmegesetz für die Erneuerbaren Energien und wirksame Maßnahmen bei der Kraftwärmekopplung. Für viele Maßnahmen liegen die Vorschläge der SPD-Umweltpolitik auf dem Tisch. Auch der Verkehr muss seinen Anteil bringen. Die Diskussionspalette reicht von Tempolimit, über Umweltzonen bis zu CO2-Begrenzungen bei Neufahrzeugen.
Unverständlich sind aber auch die Reaktionen der deutschen Autohersteller. Statt ihre Energie in immer breiter, schneller, schwerer zu stecken, müssen sie endlich Ernst machen, mit neuen energiesparenden Antriebssystemen und sinkendem Kohlendioxidausstoß. Sie laufen Gefahr international den Anschluss zu verlieren. Auch wenn der Verbraucher sich nur langsam umstellt, wird er zukünftig verbrauchsärmere und umweltfreundlichere Autos bevorzugen. Im Einwohnerreichsten US-Bundesstaat Kalifornien hat zum Beispiel der Spritsparende Toyota Prius allen anderen Marken deutlich den Rang abgelaufen.
Wozu gibt es Selbstverpflichtungen, wenn sie nicht eingehalten werden und die, die sie nicht einhalten, dafür auch noch belohnt werden. Diese Unsitte muss beendet werden. Auch bei der Einführung des Katalysators war der Aufschrei der Autolobby groß. Riesige Arbeitsplatzverluste wurden vorhergesagt. Stattdessen hat die Einführung der Katalysatoren für weniger Schadstoffe und keine Arbeitsplatzverluste geführt. Im Gegenteil, die neue Technologie wurde weltweit nachgefragt und die Autohersteller, die zuerst gehandelt haben, hatten eine verstärkte Nachfrage zu verzeichnen.
Die Zeit der blumigen Worte und Versprechungen muss vorbei sein. Wer dem Klimawandel wirksam begegnen will, muss auch in Drucksituationen standhaft bleiben.

Marco Bülow, MdB (SPD), ist umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und lebt in Dortmund

aus: spw 154 v. 16. März 2007