Migrationspolitik in wessen Sinne?

Eine kurze Vorstellung der IOM und ihrer Arbeit

in (01.02.2004)

Seit einiger Zeit gibt es immer öfter Kritik an der International Organisation for Migration (IOM), so auch auf dem Grenzcamp in Köln 2003, wo laut gegen die IOM protestiert wurde. Nicht-Regierungs-Organisationen und kritische Bündnisse, die sich mit Migration und Flüchtlingspolitik beschäftigen, warnen immer wieder vor der IOM, sie verletze Menschenrechte und halte sich nicht an die UN-Flüchtlingskonvention. Human Rights Watch und Amnasty International äußerten sich entsprechend: "Insbesondere sind wir besorgt, dass die Arbeit der IOM in bestimmten Zusammenhängen einen nachteiligen Einfluss auf die grundlegenden Menschenrechte von Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden hat, einschließlich beispielsweise dem Recht auf Freiheit vor willkürlicher Inhaftierung und dem Grundrecht auf Asyl."

Gegründet wurde die IOM 1951, im Zeichen des kalten Krieges. Sie war ursprünglich als Gegenorganisation zum UNHCR (dem UNFlüchtlingshilfswerk) konzipiert und sollte die Migration nach dem Zweiten Weltkrieg ökonomisch und politisch "sinnvoll" organisieren.
Die Organisation wurde rasch größer und einflussreicher und betreibt inzwischen 19 Koordinationszentren und 100 fieldoffices weltweit. Sie ist nicht Teil der UN, basiert auch auf keinem internationalen Vertrag, sondern legitimiert sich aus einer Satzung. Die Organisation hat weder die UNMenschenrechtskonvention noch die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet.Die IOM bekommt regelmäßig Aufträge von europäischen Regierungen (alle EU-Mitgliedsstaaten sind auch Mitglieder in dieser Organisation), insbesondere zur Durchführung der sog. "freiwilligen Rückkehr" von Flüchtlingen. Wirklich freiwillig gehen aber die wenigsten wieder zurück. Es ist seit langem bekannt, dass die IOM relevanten Druck auf Flüchtlinge ausübt, sowohl psychisch als auch materiell, zum Beispiel durch Rauswurf aus der Unterkunft. In ihrer Selbstdarstellung verweist die Migrations-Organisation auf 430.000 Rückführungen im Jahr 2000, davon 75.000 aus Deutschland.Die starke Zusammenarbeit der IOM mit Ländern, die sich einem Flüchtlingsdruck ausgesetzt sehen, ist deutlich erkennbar. Die Vorstellung der Organisation von "ordentlicher Migration" führt in der Realität v.a. zu Abschiebung von illegalisierten Einwanderern. Die International Organisation for Migration hat sich mit dieser Zusammenarbeit den Ruf erworben, schnell zum Werkzeug westlicher Regierungen zu werden um deren Flüchtlingspolitik umzusetzen. Kritisiert wird auch, dass sie immer häufiger Aufgaben übernimmt, die anderen Organisationen (z.B. dem UNHCR) unterstellt sind. Die IOM ist nämlich nur für Migranten zuständig, jedoch nicht für Flüchtlinge, Asylsuchende und sog. displaces persons. Für Aufgaben dieser Art hat sie kein Mandat.
Darüber machen sich Organisationen wie Pro Asyl oder Human Rights
Watch auch deshalb Sorgen, weil Flüchtlinge, um die IOM sich kümmert, keinen Zugang mehr zu jenen Organisationen bekommen, die eigentlich für sie zuständig sind. Das Verhältnis von IOM und UNHCR wird auch unter Kritikern der IOM unterschiedlich gesehen. Einerseits befinden sich die Organisationen faktisch in Konkurrenz um Zuständigkeiten, andererseits gibt es auch Kommentatoren, die eine Hand-in-Hand-Arbeit zwischen ihnen beobachten. Aber die International Organisation for Migration kümmert sich nicht nur um Migration als Folge von Menschenrechtsverletzungen,
Kriegen und Armut.

Sie bemüht sich auch um gern gesehene Migration - also die weltweite Vermittlung von hochqualifizierten Arbeitskräften, wie sie Deutschland mit der Greencard-Kampagne versuchte anzuwerben und Saisonarbeitern zur Obst- und Gemüseernte. Die IOM etablierte bspw. zwischen Ecuador und Spanien ein entsprechendes Abkommen über jährlich 1.500 Arbeitskräfte, die zu Niedriglöhnen in spanischen Gemüseplantagen beschäftigt werden.
Die IOM wird von ihren etwa 100 Mitgliedsstaaten finanziell gut ausgestattet - anders als viele kritische Flüchtlingsorganisationen, aber auch anders als der UNHCR. Sie ist beauftragt, ein internationales Migrationsregime aufzubauen, im Sinne der Staaten, die das Gefühl haben, sich gegen zu viele Einwanderer schützen zu müssen. Solche Überlegungen beinhalten den Gedanken, die Staaten von zu viel Zuwanderung schützen zu müssen, nicht Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten vor der Abweisung durch Staaten zu bewahren.

- Dieser Text erschien in der Ausgabe 1/2004 der "Zündstoff" (Regionalausgabe der Tendenz für Rheinland-Pfalz& Hessen)