Viele, viele bunte Rechte

in (01.02.2004)

Bei den verschiedenen Erscheinungsformen der Neuen Rechten verhält es sich wie mit Smarties - außen in alle möglichen Farben gehüllt, sind sie innen doch stets ziemlich braun.

Die unter dem Sammelbegriff Neue Rechte gefassten Personen und Gruppen kämpfen gefassten Personen und Gruppen kämpfen um die Köpfe, um Ideen, um die Definitions- um die Köpfe, um Ideen, um die Definitionsmacht von Begriffen. Sie versuchen Einfluss auf die öffentliche Debatte zu nehmen, ohne auf die öffentliche Debatte zu nehmen, ohne dabei offen als Rechtsextreme aufzutreten. dabei offen als Rechtsextreme aufzutreten. Vielmehr verstecken sie sich hinter unverfänglichen Namen oder unterwandern beste- fänglichen Namen oder unterwandern bestehende Strukturen.
Als ideologisches Sammelbecken und Forum für die sich als intellektuell begreifende "Bewegung" dient die überregionale Wochenzeitung "Junge Freiheit".
Der Titel sowie die Aufmachung (der Homepage) lassen nicht erkennen, dass es sich dabei um eine rechte Zeitung handelt: keine Deutschlandfahne, kein Adler, kein wie auch immer geartetes Kreuz. Die meist studierten Autoren kommen aus allen Ecken der braunschwarzen Szene - Völkische, Bündische, christliche Fundamentalisten, Nationalrevolutionäre - und bemühen sich um einen sachlichen Ton. Der Inhalt entpuppt sich bei näherer Betrachtung jedoch als typisch neurechtes Gedankengut, menschenfeindliche Ideologie wird lediglich in wissenschaftlich klingende Begriffe wie "Ethnopluralismus" umgetauft. Mit einer Auflage von ca. 10.000 Stück ist diese Zeitung groß genug um gefährlich zu sein.

Die fehlende Fünf-Prozent-Hürde im Kommunalwahlrecht sowie das prinzipiell positive Image lokaler Bürgerinitiativen machen sich andere neurechte Akteure zu nutze: So ging aus der "Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH)", einer rechtsextremen Splitterpartei, die mit zwei Vertretern im Kölner Stadtrat saß, die "Bürgerbewegung Pro Köln" hervor.
Die Organisation versucht sich ein betont bürgerliches Aussehen zu verleihen. Dass der Schatzmeister der Bürgerbewegung, Manfred Rouhs, früher Vorsitzender der Jungen Nationalen (Jugendorganisation der NPD) war, für die Republikaner und die DLVH im Kölner Stadtrat saß und Herausgeber der rechtsextremen Zeitung "Signal" ist, scheint zu dieser Strategie ebenso wenig im Widerspruch zu stehen wie die Tatsache, dass auf "Pro Köln"- Demos des öfteren schon Neonazis gesehen wurden.

In Frankfurt am Main klinkte sich das "Bürgerforum Frankfurt" (BFF) in eine attac-Kampagne gegen Cross-Border-Leasing ein und demonstrierte eine so genannte "Querfront"- Strategie der Neuen Rechten - also einem Zusammenwirken von rechter und linker Kritik, z.B. an der Globalisierung. Vertreter neurechten Denkens lassen sich natürlich auch auf Bundesebene aufspüren.
Zuletzt sorgte hier der hessische Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann (CDU) für Schlagzeilen. Hohmann, der schon häufiger mit "markigen" - z.B. gegen Schwulen und Lesben gerichteten - Aussagen in Erscheinung getreten war, bezeichnete in einer Rede anlässlich des diesjährigen Tags der Deutschen Einheit Juden als "Tätervolk", relativierte den Holocaust im Stile eines Ernst Nolte und plädierte dafür, deutsche Entschädigungszahlungen an NS-Opfer der gesunkenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechend nach unten anzupassen. Hohmann sagte in seiner Rede dabei nichts Verbotenes, er hetzte nicht mit verfassungsfeindlichen Parolen.
Dem gemäß wurde er - bei aller Kritik auch aus der eigenen Partei - doch auch in Schutz genommen: Hohmann sei "kein Antisemit", seine problematischen Äußerungen würden aber "entsprechende Stimmungen in der Bevölkerung befördern". Nach einigem hin und her in der CDU wurde Hohmann dann doch aus der Bundestagsfraktion geworfen.

Neu an den Strategien der Neuen Rechten im Jugendbereich ist, dass sie nicht nur bei Skinheads, sondern auch bei anderen Jugendlichen für ihre Ideen werben. 2002 wurde die rechtsextreme FUN-Partei, die bei der Internet-Politiksimulation "dol2day" durch hetzerische Propaganda auf sich aufmerksam gemacht hatte, verboten, nachdem sie im Verfassungsschutzbericht NRW aufgetaucht war. In Internetpublikationen der Vertriebenenverbände und auf "Signal-online" (siehe oben) wurde für den Beitritt geworben. Die Mobilisierung lief so gut, dass bei der Wahl zum Internetkanzler im März 2003 26,8% für den Kandidaten der FUN-Nachfolgepartei stimmten.

- Dieser Text erschien in der Ausgabe 1/2004 der "Zündstoff" (Regionalausgabe der Tendenz für Rheinland-Pfalz& Hessen)