Ökologie hat keine Farbe

Kommentar

in (10.12.2004)

Vorbei sind die Zeiten, in denen sich die Grünen mit den Schlagworten " ökologisch - sozial - pazifistisch" beschreiben konnten - endgültig.

Während sie mit letzteren beiden Begriffen nicht einmal mehr werben, stehen sie im öffentlichen Bewusstsein doch nach wie vor für eine ökologische Partei.
Jedoch können sich die Grünen keineswegs üppig mit ökologischen Erfolgen oder Weichenstellungen schmücken. Gerne verstecken sie sich hinter dem großen Koalitionspartner und der Opposition, welche die Umsetzung grüner Ziele angeblich verhinderten oder verwässerten. Die "aufgezwungenen Kompromisse" werden dafür erstaunlich überzeugt beworben.
So bejubelt Umweltminister Trittin den Atomkonsens eifrig und genehmigt gleich alle zwölf Atommüllzwischenlager für 40 Jahre(!) - eine Maßnahme, die für den Weiterbetrieb von Atomanlagen elementar ist, denn ohne Lagermöglichkeiten müssten einige Kraftwerke schon bald abgeschaltet werden.

Dass Deutschland auf EU-Ebene ökologischer Bremser zugunsten der Wirtschaft ist, zeigte sich aktuell an der EU-Chemikalien-Richtlinie, nach der für Stoffe vor ihrer Zulassung ihre Unbedenklichkeit nachgewiesen werden soll - zu teuer für die deutsche Wirtschaft, und deshalb seit 2001 noch nicht beschlossen. EU-Kohlesubventionen fließen trotz "Energiewende" weiter - nicht zuletzt, weil sie mit deutschen Stimmen erhalten wurden.

Auch die europäische Altautoverordnung, die eine Rücknahme des Schrotts vom Hersteller vorsah, wurde 1999 durch ein deutsches Veto verhindert, die Grünen loben heute, dass es auch so eine sehr gute Autoentsorgung gäbe.
Apropos Auto: Der allmorgendliche Stau auf Autobahnen ist keinesfalls nur als Aufforderung für breitere Straßen zu lesen, er schreit nach verkehrspolitischen Konzepten - doch diese fehlen leider völlig. Es gibt keinerlei Pläne, den ÖPNV auszubauen, steuerlich zu bevorteilen, Verkehr auf die Schiene zu verlagern - im Gegenteil: bis 2020 sollen weitere 11.500 km Straße gebaut werden, während jedes Jahr um die 13.000 Bahnkilometer stillgelegt werden. Derweil gilt noch immer die Mehrwertsteuerbefreiung für Flugtickets und die Befreiung von Umsatz- und Mineralölsteuer für Fluggesellschaften; alles staatliche Instrumente zur Subventionierung einzelner Transportmittel, die ebenso nach Umweltkriterien ausgerichtet werden könnten - allerdings denkt niemand auch nur daran: Die Idee einer nach ökologischen Kriterien gestaffelten KFZ-Steuer wurde im letzten Jahr schneller zurückgezogen als es dauert, diesen Satz auszusprechen.

Doch was haben die Grünen in der Regierung erreicht? Der CO2- Ausstoß wird begrenzt - aber mit "Verschmutzungsrechten" für einzelne Branchen, wodurch das Ziel einer Senkung der Treibhausgase um 40% bis 2020 wohl nicht mehr zu schaffen ist. Alternative Energie wird gefördert - gerechtfertigt wird dieses zaghafte Umsteuern jedoch nur mit mit neu geschaffenen Arbeitsplätze, nicht mit der ökologischen Notwendigkeit.

Alternative Energien decken bislang nur 1,3 % des Bedarfs an Primärenergie, und Atomkraft wird zudem durch EURATOM weiterhin subventioniert.
Ausgaben für Lärmschutz, Luftreinhaltung, Gewässerschutz und Abfallbeseitigung sind von 1994 bis 2000 gesunken. Es gibt nun Öko-Standards bei Lebensmitteln, die wegen der höheren Preise allerdings nur den VerbraucherInnen mit dem gut bestückten Geldbeutel nützen; beim Durchschnittskonsumenten darf inzwischen genetisch Verändertes auf den Tisch - aufgrund eines EU-Beschlusses Anfang 2004.

Im Umweltschutz - mit oder ohne Grüne - zeichnet sich ab, dass vor allem solche Strategien ökologischer Modernisierung Aussicht auf Erfolg haben, die entweder die Kosten senken oder einen Absatzmarkt für neue Technologien versprechen.
Nicht mehr die Forderung nach einer Transformation der Gesellschaft, sondern Effizienz und Standortsicherung prägen den Umweltschutzdiskurs.
Leider, denn eigentlich ist eine giftfreie Umwelt weder Selbstzweck noch Marktproblem, sondern Garant für die Lebensqualität und Gesundheit von Menschen.
Damit ist Umweltschutz kein "Ein-Punkt- Thema", sondern muss immer auch gesellschaftspolitische Bedingungen und Folgen mitdenken. Umweltschutz ohne Bezug zur Ökonomie und Themen wie Armut oder Globalisierung - also sozialen Bedingungen - betreiben zu wollen, ist sinnlos und höchstens tranzendental zu begründen.

Insofern beteiligt sich Rot-Grün auch auf einem Feld der größten Umweltsauereien im doppelten Sinne: Förderung der Rüstungsindustrie, Waffenexporte und Krieg.