Hol den Vorschlaghammer...

Rot-grüner Sozialabbau

in (10.07.2004)

Rot-Grün bläst zum Generalangriff auf die Überbleibsel des bundesdeutschen Sozialstaats. Mit der Agenda 2010 sind weitgehende Einschnitte in den sozialen Sicherungssystemen vorgesehen oder...

bereits umgesetzt bei Gesundheit, Rente und Sicherung im Falle von Arbeitslosigkeit.
Das Unternehmerlager reibt sich die Hände. Schließlich setzt eine rot-grüne Bundesregierung ihren Wunschzettel fast eins zu eins um und bindet nebenbei noch mal per sozialdemokratischem Label wichtige gesellschaftliche Kräfte ein. Diejenigen nämlich, die glauben, dass unter schwarz-gelb alles noch viel schlimmer wäre. Dabei knüpft Rot-Grün wirtschafts- und sozialpolitisch vollständig an das neoliberale Modell an, das schon seit Mitte der siebziger Jahren in der BRD vorherrscht. Leidtragende des Sozialkahlschlags sind ein weiteres Mal sozial Schwache, Erwerbstätige, Alte, Kranke und Arbeitslose. Impulse für mehr Beschäftigung und eine Verbesserung der Lebenssituation der großen Mehrheit der Bevölkerung mit dieser Politik: Fehlanzeige- seit fast 30 Jahren! Doch die Bundesregierung will sich nicht den Realitäten ihres Kurses stellen. Sie versucht mit fragwürdigen Sachzwängen eine Politik zu legitimieren, die sich offensiv gegen ihr einstiges Stammklientel richtet.
Da sei als erstes die "Konkurrenzfähigkeit im Standortwettbewerb" genannt, die laut Schröder und Clement nur über Sozial- und Lohndumping zu erreichen sei. Genau mit diesem "Argument" werden schon lange Zeit die Rechte von Beschäftigten und Arbeitslosen mit Füßen getreten, ohne dass auch nur irgendetwas für sie dabei herausspringen würde. Wenn die Bundesregierung Verwertungs- und Investitionsbedingungen optimiert (Steuern für die Vermögenden senkt, Arbeit billiger macht etc...) heißt dies offensichtlich noch lange nicht die Schaffung von Arbeitsplätzen. Im Gegenteil setzt die Standortlogik eine Spirale nach unten in Gang, weil soziale Standards "gedrückt" werden, um Investoren anzuziehen.
Der zweite "Sachzwang" ist die Ebbe in der Staatskasse, die Einschnitte in den sozialen Sicherungssystemen legitimieren soll. Statt sich Wege für eine Finanzierbarkeit sozialer Sicherung zu überlegen - beispielsweise eine stärkere Heranziehung großer Vermögen und hoher Gewinne- gibt die Regierung Sparzwänge vor. Die aktuelle Haushaltslage ist Ergebnis einer Politik, die die Massenarbeitslosigkeit nicht nachhaltig senkt und Steuergeschenke an die Reichen macht. Da fehlen die Einnahmen für die soziale Sicherung.
Die Mär, den Faktor Arbeit billiger zu machen, stellt den 3. so genannten "Sachzwang". Billigarbeitsprogramme wie die Hartzreformen blasen den Niedriglohnsektor und die geringfügige Beschäftigung auf. Abgesicherte Normalarbeitsverhältnisse entstehen damit nicht. Vielmehr üben die prekären Arbeitsverhältnisse und die niedrigen Löhne einen heftigen Druck auf die Beschäftigten auch schlechte Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Die Verbilligung des Faktors Arbeit mündet in höhere Gewinnen und Lohndumping, nicht in eine Senkung der Massenarbeitslosigkeit.
Ziel linker Politik muss es sein die sogenannten "Sachzwänge" mit gesellschaftlichen Mehrheiten im Rücken zu sprengen. Der rot-grüne Klassenkampf von oben steht in der Tradition angebotsorientierter Wirtschafts- und Sozialpolitik wie sie unter den Regierungen Kohl und Schmidt schon damals erfolglos betrieben wurde. Diesem Modell müssen die fortschrittlichen gesellschaftlichen Kräfte ein soziales Reformprogramm gegenüber stellen: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich für mehr Arbeitsplätze, Vermögenssteuer für eine Konsolidierung der Staatsfinanzen und eine Absicherung der Erwerbslosen sowie sozial Schwachen auf hohem Niveau. An die Stelle von Konkurrenzkampf, Menschenfresserei und Armut wären Teilhabe, soziale Rechte und Umverteilung -kurzum: Fortschritt -gesetzt. Ihn gegen die neoliberalen Sachzwänge in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis zu erkämpfen, bleibt der Kern radikaldemokratischer Politik.