Die Macht der Milizen

Der Bürgerkrieg im Libanon zwischen 1975 und 1990

Der Libanon ist in den beiden vergangenen Jahrzehnten zu einem bevorzugten Schauplatz von militärischen Auseinandersetzungen zwischen regionalen und externen Akteuren geworden.

Insbesondere die libanesische Zivilbevölkerung mußte im Verlauf des sich über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahre erstreckenden Bürgerkrieges einen hohen Blutzoll entrichten. Die Bilanz des libanesischen Bürgerkrieges spricht eine deutliche Sprache: 170.000 Tote, 300.000 Verwundete und 800.000 Vertriebene sind für den Zeitraum von 1975 -1990 zu beklagen (Schulze 1997: 190).

Angesichts der sprunghaften Zunahme von kriegerischen Konflikten und fortschreitenden Fragmentierungsprozessen auf dem Balkan und auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion ist eine Analyse der inneren und äußeren Ursachen der libanesischen Malaise heute von besonderem Interesse. Bei einem von Experten der Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen vorgenommenen Vergleich zwischen den Konflikten im Libanon und in Bosnien-Herzegowina wurde die Analogie von Erscheinungsformen militärischer Gewalt besonders evident herausgearbeitet (Calic/Perthes 1994). So war im Verlauf des Konfliktes in Bosnien-Herzegowina ebenso wie im Verlauf des libanesischen Bürgerkrieges das Phänomen der gezielten Vertreibung von ethnischen Volksgruppen sowie eine zunehmende Milizionierung zu beobachten.

Die Bedeutung der ethnisch-konfessionellen Gemeinschaften

Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert hinein ist die Geschichte des Libanons - als autonomes Fürstentum des osmanischen Reiches - eng mit der Syriens verbunden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts baute Frankreich seinen Einfluß im Libanon aus.

Als der Libanon 1943 in die Unabhängigkeit entlassen wurde, entwickelten christliche und moslemische Politiker des Landes gemeinsam den sogenannten "Libanesischen Nationalpakt". Diese Vereinbarung sah die Verteilung von öffentlichen Ämtern und Verwaltungsposten nach einem Konfessionsproporz vor, wobei das Kräfteverhältnis nach dem Ergebnis einer Volkszählung aus dem Jahr 1932 bestimmt wurde. Von den insgesamt drei Millionen Libanesen gehörten zu jenem Zeitpunkt 51,2 % der Bevölkerung christlichen Glaubensgemeinschaften an, 48,8 % der Bevölkerung bekannten sich hingegen zum Islam (Steinbach 1979: 179). Auf dieser Basis wurde für die libanesische Abgeordnetenkammer ein Verhältnis von 6 Christen zu 5 Muslimen bestimmt. Die Formel 6:5 bestimmte von 1943 an die Machtstruktur im Libanon und fand auch bei der Verteilung führender Positionen in der Staatsverwaltung und in der Armee Anwendung.

Eine wesentliche Bestimmung des libanesischen Nationalpaktes implizierte die Zuordnung der drei höchsten Staatsämter zu den drei größten religiösen Gemeinschaften des Landes. Demnach mußte der Staatspräsident des Landes ein christlicher Maronit, der Ministerpräsident ein sunnitischer Moslem und der Parlamentspräsident ein schiitischer Moslem sein. Die Parlamentarier waren sowohl Repräsentanten des gesamten libanesischen Volkes als auch Mitglieder derjenigen religiösen Gemeinschaft ihres Wahlbezirkes, die sie zu vertreten hatten. Parteien spielten in der libanesischen Politik nur eine untergeordnete Rolle, vielmehr bestimmten konfessionelle, persönliche bzw. lokale Interessen den parlamentarischen Alltag in der Ersten Libanesischen Republik.

Neben der konfessionellen Identität spielt das Loyalitätsverhältnis des Einzelnen zur Familie und zum "Clan" eine wichtige Rolle im libanesischen Gesellschaftssystem. Hinzu kommt, daß die bestimmenden Figuren im politischen System des Levantestaates bis heute die Feudalherren, die zu'ama, sind, die früher als "Lehnsherren" mit uneingeschränkter Machtfülle herrschten. Auf diese Weise ergibt sich ein Netz familiärer und traditioneller Bindungen, die die Loyalität des einzelnen Libanesen beeinflussen und wenig Raum für das Entstehen eines übergeordneten nationalen Zusammengehörigkeitsgefühles lassen.

Das Profil der Konfliktparteien

Anfang der siebziger Jahre führte eine schwere Rezession zu einer Verelendung breiter Volksmassen. Mit der wirtschaftlichen Krise verschärften sich gleichzeitig auch die sozialen Gegensätze, die aus historischen Gründen und infolge der französischen Kolonialpolitik in Form konfessioneller Antagonismen in Erscheinung traten. In dieser schwierigen Situation bot die Mitgliedschaft in einer der zahlreichen Milizen der diversen Konfessionsgruppen für viele unterprivilegierte libanesische Jugendliche die Möglichkeit, eine gewisse soziale Sicherheit zu erlangen und dabei gleichzeitig das eigene Selbstwertgefühl zu steigern. Insbesondere die libanesischen Schiiten, die Anfang der siebziger Jahre die zahlenmäßig größte Konfessionsgemeinschaft im Land bildeten, sahen sich in ihrer Würde durch eine zunehmende Marginalisierung seitens der christlichen Maroniten verletzt.

In ihrer Wahrnerhmung war die ökonomische und politische Benachteiligung ihrer Volksgruppe nicht länger hinnehmbar. Deshalb gründeten 1969 engagierte schiitische Persönlichkeiten den "Höheren Schiitisch-Islamischen Rat". Der militärische Zweig dieser Bewegung trägt seit 1975 den Namen Amal. Die Amal-Miliz, vorwiegend im Südlibanon und in Beirut beheimatet, tritt in erster Linie für umfassende politische Reformen im Libanon ein, wobei eine Verbesserung der ökonomischen und sozialen Situation der vornehmlich im Südlibanon lebenden Schiiten angestrebt wird.

1983 spaltete sich das schiitische Lager, nachdem der politische Führer der Amal-Miliz, Nabih Berris, sich bereit zu einem Dialog mit den christlichen Kräften des Landes erklärt hatte. Diejenigen Schiiten, die ohne Einschränkung Ayatollah Khomeni als ihr geistliches Oberhaupt anerkannten und sich mit seinen fundamentalistischen Ideen identifizierten, bildeten die Hizbollah. Diese Gruppierung propagiert bis zum heutigen Tag die Errichtung eines islamischen Staates nach iranischem Vorbild und lehnt hierbei Konzessionen gegenüber den anderen ethnisch-konfessionellen Gruppen des Libanon kategorisch ab.

Unter den christlich-maronitischen Gruppierungen des Libanon nimmt die Falange-Partei des Gemayel-Clans eine herausragende Stellung ein. Die Falange wurde im November 1936 von Pierre Gemayel gegründet, der mit Hilfe dieser maronitischen Sammlungsbewegung den Aktivitäten der panarabisch bzw. prosyrisch orientierten Moslems begegnen wollte und für einen westlich orientierten Staat eintrat. Nach schweren Kämpfen zwischen diversen christlichen Milizen um die Vorherrschaft in Ostbeirut und im Mont Liban etablierten sich 1978 die Forces Libanaises (FL), die aus der Falange hervorgegangen waren, als stärkste Miliz auf Seite der Maroniten . Als Verteidiger des Status quo waren die Forces Libanaises daran interessiert, die Hegemonie der christlichen Maroniten im Libanon mit allen Mitteln zu erhalten.

Ihre besondere Aufmerksamkeit galt insbesondere der palästinensischen Präsenz im Libanon - bedingt durch den ersten israelisch-arabischen Krieg von 1948/49 hatten ca. 150.000 Palästinenser die Flucht in den Libanon angetreten. Die libanesische Regierung verteilte die palästinensischen Flüchtlinge über das gesamte Land, es entstanden 17 Lager, in denen die Menschen notdürftig untergebracht wurden. Der großen Mehrheit der heimatvertriebenen Palästinenser gelang es im Laufe der Jahrzehnte nicht, ihre unbefriedigende Lage zu verbessern. Der Aufstieg der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO und die Aufnahme des bewaffneten Kampfes gegen Israel von libanesischem und jordanischem Territorium aus, stellten den libanesischen Staat vor größte Probleme. Es gelang der libanesischen Administration nicht, die Kontrolle über die palästinensischen Flüchtlingslager zu erlangen, die zu politischen und militärischen Zentren der PLO - Organisationen wurden. Das verstärkte sich nach der Vertreibung der PLO im September 1970 aus Jordanien. Die Tatsache, daß die Regierung unfähig war, ihre Bürger wirksam vor den Folgen der israelisch - palästinensischen Auseinandersetzungen zu schützen, destabilisierte die erste Libanesische Republik weiter.

Unterstützung erhielten die Palästinenser hingegen von verschiedenen sunnitischen Milizen und der Progressiven Sozialistischen Partei Libanons ( PSP ), die die politische Interessenvertretung des drusischen Bevölkerungsanteils darstellt. Die PSP stellt seit 1969 die Sammelbewegung derjenigen politischen Gruppen dar, deren gemeinsames Ziel die Überwindung der maronitischen Hegemonie im Libanon ist. Die Tatsache, daß die Palästinenserfrage sich verschärfte zu einer Auseinandersetzung zwischen dem islamischen Lager, welches die PLO für seine eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren versuchte, und den christlich-maronitischen Kräften, die die Beendigung der palästinensischen Präsenz in der Zedernrepublik mit Waffengewalt anstrebten, ebnete den Weg für die Intervention externer Akteure.

Externe Akteure und ihre Interessen

Seit Mitte der siebziger Jahre ist der Libanon permanenten Interventionen seiner beiden mächtigen Nachbarstaaten Israel und Syrien ausgesetzt. Hinsichtlich der Bürgerkriegsursachen neigt ein großer Teil der libanesischen Bevölkerung dazu, die Einflußnahme Syriens und Israels als entscheidende Faktoren anzusehen. Ein anderer Teil betrachtet demgegenüber die inneren Faktoren, wie das anachronistische konfessionelle System und die sozio-ökonomische Krise, als entscheidend. Während die Maroniten in erster Linie externe Einflüsse wie die syrischen Hegemonieansprüche und die palästinensische Präsenz im Libanon als wesentliche Kriegsursache betrachten, verweist die moslemische Seite auf die evidenten Strukturmängel des libanesischen Proporzsystems. Volker Perthes hat in seiner Studie zur Situation des Libanon nach Beendigung des Bürgerkrieges darauf hingewiesen, daß sich in der wissenschaftlichen Diskussion unterschiedliche Ursachenanalyse der beteiligten Parteien widerspiegelt (Perthes 1994: 9).

Um die Politik der syrischen Regierung gegenüber dem Libanon zu verstehen, ist ein Blick in die Geschichte sinnvoll. Bevor der französische Kolonialismus das Großreich Syrien zerstückelte, umfaßte dieses die Westküste des Mittelmeeres bis hinab an den Sinai, das Hinterland der Küstengebirge und der Jordansenke einschließlich von Transjordanien und Palästina. Mit der territorialen Zerstückelung hat sich auch nach Erlangung der vollen Souveränität im Jahr 1946 keine syrische Administration abgefunden. Deshalb kann der syrische Einmarsch in den Libanon am 1. Juni 1976 auch durchaus als ein Wiederaufleben der syrischen Ansprüche auf das Territorium des levantinischen Staates interpretiert werden. Doch auch ein anderes Motiv beeinflußte die Entscheidung des syrischen Staatspräsidenten Hafez al-Assad zur Intervention in dem Nachbarstaat: Der seit 1975 geführte libanesische Bürgerkrieg implizierte in den Augen Assads die Gefahr eines israelischen Präventivschlages. Außerdem ging es den Syrern darum, den Einfluß der PLO auf die libanesische Innenpolitik zurückzudrängen. Der libanesische Bürgerkrieg hatte eine Situation geschaffen, die es der Regierung in Damaskus erlaubte, als Friedensstifter aufzutreten und die letzte verbliebene Operationsbasis der Palästinenser unter ihre Kontrolle zu bekommen. Bis zum heutigen Tag sind 40.000 syrische Soldaten im Libanon stationiert, die ca. 70 Prozent der Gesamtfläche des libanesischen Staates kontrollieren. Nur im Südlibanon ließ die syrische Armee den PLO-Kämpfern freie Hand bei deren Militäroperationen gegen Israel.

Als sich im Frühjahr 1978 die Anschläge der PLO auf nordisraelisches Territorium häuften, startete die israelische Armee die "Operation Litani", in deren Verlauf die israselischen Streitkräfte den gesamten Südlibanon (mit Ausnahme der Stadt Tyrus) besetzten und dabei systematisch die militärische Infrastruktur der PLO-Verbände zerstörten. An dieser bis dahin größten Militäraktion im Libanon nahmen 25.000 israelische Soldaten teil. Um die israelische Besetzung des Südlibanon zu beenden, schalteten sich die Vereinten Nationen ein. In der Resolution Nr. 425 des Weltsicherheitsrates vom 19. März 1978, der sich in diesem Fall auch die USA anschloß, wurde der Rückzug der israelischen Truppen gefordert. Außerdem wurde die Stationierung einer UN-Friedenstruppe (UNIFIL ) in dem von Israel zu räumendem Gebiet beschlossen. Mit dem israelischen Rückzug sollte die 7.000 Soldaten umfassende Peacekeeping-Einheit bis zur libanesischen Südgrenze nachrücken und dort eine permanent kontrollierte Zone einrichten, um die Infiltration von palästinensischen Freischärlern nach Israel zu unterbinden.

Im Juni 1978 zogen sich die israelischen Soldaten aus dem Südlibanon zurück, die Likud-Regierung in Jerusalem faßte jedoch den Entschluß, eine eigene Sicherheitszone nördlich der internationalen Grenze einzurichten und deren Kontrolle nicht der UNIFIL, sondern der südlibanesischen Miliz von Major Haddad anzuvertrauen, der eng mit ihnen kooperierte (List 1988: 180).

Auch die israelische Invasion in den Libanon im Juni 1982 führte nicht zu mehr Stabilität an der Nordgrenze, sie wirkte vielmehr konfliktverschärfend. Die Konzeption der israelischen Regierung, im Libanon ein kooperationsbereites Regime der christlichen Falange-Partei zu installieren, erwies sich als unzulänglich und scheiterte am energischen Widerstand syrischer und moslemisch-libanesischer Kräfte. Auch nach dem Abzug aus dem Libanon im Jahr 1985 hielt Israel an der Sicherheitszone im Südlibanon fest und kontrolliert dieses Gebiet bis zum heutigen Tag mit Hilfe von General Lahad, dem Nachfolger des 1984 verstorbenen Haddads, und dessen Südlibanesischer Armee ( SLA ). Die sogenannte Sicherheitszone entlang der israelisch-libanesischen Grenze ist zwischen acht und zehn Kilometer breit, innerhalb der Zone leben ca. 150.000 Menschen, die vornehmlich der schiitischen Bevölkerungsgruppe angehören. An die Stelle der vertriebenen PLO-Kämpfer rückten die schiitischen Milizen Hizbollah und Amal, die seit 1984 den Kampf gegen die israelische Besatzungsmacht führen.

Die Macht der Milizen

Während des libanesischen Bürgerkrieges kam es zu einer sukzessiven Mobilisierung der Konfessionsgemeinschaften: Die Mobilisierung der Christen erfolgte 1975/76, die der Drusen 1982, die der Schiiten ab 1983 (Hanf 1990: 698). Mit der Kriegsdauer "professionalisierten" sich die Milizen. Anfang der 80er Jahre kontrollierten die diversen Milizen ganze Landes- und Stadtteile, richteten autonome Verwaltungsapparate ein und sicherten sich Finanzquellen (z.B. durch die Zollerhebung in Häfen, die sie zuvor unter ihre Kontrolle gebracht hatten).

Empirische Untersuchungen haben nachgewiesen, daß innerhalb der Milizen eine ausgeprägte Gruppenidentifikation und ein starkes Solidaritätsgefühl vorherrschte. Durch die Projizierung von Feindbildern gelang es den Milizführern und militanten Politikern über einen Zeitraum von 15 Jahren immer wieder, begrenzte Spannungen zwischen den Konfliktparteien aufrechtzuerhalten. Somit wurde der Krieg zu einem sich selbst verlängernden und perpetuierenden Phänomen (Hanf 1990:699).

Verschiedene Konfliktphasen

Der Verlauf des libanesischen Bürgerkrieges läßt sich in sieben verschiedene Konfliktphasen unterteilen :

1. April 1975 - 1976: Ausbruch des Bürgerkrieges, Zerfall der Libanesischen Armee. Kämpfe zwischen christlichen Milizen und palästinensischen sowie drusisch-sunnitischen Verbänden.

2. 1976: Syrische Intervention in den Libanon, um eine vollkommene Niederlage der Maroniten abzuwenden.

3. 1978/1980-1981: Kämpfe zwischen den syrischen Einheiten und den mittlerweile mit Israel kooperierenden christlichen Milizen.

4. 1978 - 1981: Nach der israelischen Invasion in den Libanon im März 1978 kommt es im Zeitraum von drei Jahren zu israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen, die in erster Linie im Südlibanon ausgetragen werden.

5. 1982 - 1985: Zweite israelische Invasion in den Libanon, Belagerung West-Beiruts. Nach dem Abzug der PLO aus Beirut wird eine multinationale Streitmacht (MNF) unter der Federführung der USA disloziert, die nach diversen Bombenanschlägen der schiitischen Hizbollah-Miliz zurückgezogen wird. Angriffe von Amal und Hizbollah im Südlibanon gegen die israelischen Truppen und die SLA. 1985 erfolgt der endgültige Rückzug der israelischen Armee.

6. 1985-1988: Heftige Kämpfe zwischen Amal und in das Land zurückgekehrten PLO-Einheiten.

7. 1988-1990: Nachdem am 22.9.1988 die Amtszeit von Präsident Amin Gemayel ausgelaufen war, können sich die Streitparteien auf keinen gemeinsamen Nachfolger einigen. Während die christlichen Milizen zu einem großen Teil den General Aoun als rechtmäßigen Nachfolger anerkennen, unterstützen die moslemischen Verbände den amtierenden Ministerpräsidenten Salim al-Hoss. Als Aoun im März 1989 zu einem nationalen Befreiungskrieg gegen die syrische Besatzungsmacht aufruft, ist sein Schicksal besiegelt. Nach der Vertreibung Aouns durch die Syrer wird im Dezember 1990 ein Kabinett der Nationalen Einheit gebildet. Der Maronit Elias Hrawi wird zum neuen libanesischen Präsidenten gewählt. Wiedervereinigung von West- und Ostbeirut.

Ein im Herbst 1989 in der saudiarabischen Stadt Taif abgeschlossenes Abkommen beendete formell den Bürgerkrieg im Libanon. Alle politischen und militärischen Institutionen des Landes stehen seitdem vollständig unter syrischem Einfluß.

Alle libanesischen Milizen wurden mit Ausnahme der Hizbollah im Südlibanon entwaffnet. Syrien sieht in der schiitischen Miliz ein geeignetes Druckmittel, um Israel zu größeren Konzessionen im Hinblick auf eine potentielle Rückgabe der Golanhöhen zu bewegen. Die israelischen Militäroperationen im Juli 1993 und April 1996 haben deutlich gemacht, daß der Südlibanon vom nahöstlichen Friedensprozeß vorerst ausgeklammert bleibt. Es sieht so aus, als ob ein israelisch-syrischer Friedensschluß die Voraussetzung wäre für einen Friedensprozeß im Libanon, dafür, daß diese leidgeprüfte Region endlich zur Ruhe kommt..

Literatur

Calic, Marie-Janine / Perthes, Volker 1994: Konflikte im Libanon und in Bosnien-Herzegowina. Ein Strukturvergleich. Unveröffentlichtes Informationspapier. Ebenhausen.

Denney, Julie / Wegner, Martha 1990: Lebanon's Fifteen - Year War 1975-1990. In Middle East Report - January-February.

Hanf, Theodor 1990: Koexistenz im Krieg. Staatszerfall und Entstehen einer Nation im Libanon. Baden-Baden.

List, Harald 1988: Antoine Lahad. In: Orient 29.

Perthes, Volker 1994: Der Libanon nach dem Bürgerkrieg. Baden-Baden.

Schulze, Kirsten E. 1997: Rolle und Perspektiven des Libanon in der Region. In: Wege aus dem Labyrinth ? Friedenssuche in Nahost. Baden-Baden.

Steinbach, Udo ( Hrsg. ) 1979: Politisches Lexikon Nahost. München.

Frank Wullkopf ist Politologe. Er promoviert derzeit an der UNI Hannover zum Thema: Die UNIFIL-Friedensmission im Libanon.