Das Ende der Unschuld

Ende Juli haben sich in Genua die Regierungschefs der acht reichsten Länder der Erde getroffen, um sich unverbindlich auszutauschen.

Zeitgleich organisierte das Genua Social Forum Demonstrationen und Gegenveranstaltungen mit mehr als 200.000 TeilnehmerInnen. Seit Jahren weisen die KritikerInnen der neoliberalen Globalisierung auf die aktuellen globalen Probleme, wie soziale Ungerechtigkeiten und den ökologischen Raubbau, hin.

Nachdem sich die Aggressionen zwischen Sicherheitskräften und DemonstrantInnen bereits in Göteborg derart hochgeschaukelt hatten, war es kaum verwunderlich, dass es nun auch einen Toten gegeben hat. Die bewaffneten und scharfgemachten Sicherheitskräfte auf der einen Seite, die DemonstrantInnen auf der anderen Seite, bildeten ein explosives Gemisch, dass in einer ausreichend kritischen Situation hochgehen musste.

Der Tod von Carlo Giuliani ist tragisch und hat weltweites Aufsehen erregt. Musste es soweit kommen, bevor sich die Medien mit diesem Thema beschäftigen? Welt-wirtschaftstreffen und Gegendemos gibt es schon lange. Doch diesmal war die Situation eine andere. Hatten diese Treffen vormals hauptsächlich im kleinen Rahmen stattgefunden und verliefen sie meist recht friedlich, war der G8-Gipfel in Genua grundlegend anders. Tausende Polizisten und Soldaten sicherten die Stadt vor den sich friedlich versammelnden DemonstrantInnen, die bereits in Seattle, Davos und Prag ihre Ängste und ihren Protest vor einem zunehmenden Ausverkauf der Erde bekundeten. Die Ausschreitungen von Göteborg und die große Masse in Prag hatten die Situation für die Mächtigen der Welt langsam ungemütlich werden lassen; im eigenen Lager gärt es nun. Schon längst ging es auf den Treffen nicht mehr so harmonisch zu, wie damals am Kaminfeuer in Rambouillet.

Genua war in vielerlei Hinsicht ein Gipfeltreffen der Superlative. Die Kosten für das grausige Spektakel, das Polizei- und Militäraufgebot, die hohe Gewaltbereitschaft des italienischen Staates und schließlich der Tod Carlo Giulianis. Damit war Genua das Ende. Das Ende der Spaßguerilla, des globalen Fange spielens und zuletzt der Unschuld. Trauer um den Toten, Wut über die brutale Polizeigewalt und Ohnmacht gegenüber einem willkürlich agierenden Justizapparat zeichneten die in Genua anwesenden Demonstranten. Der Spruch "Blut und Tränen in Widerstand umwandeln!" macht nach Genua die Runde. Doch Carlo Giuliani zum Märtyrer auszurufen, hilft ihm genauso wenig, wie zukünftig mit blinder Gewalt auf die Repressionen der G8-Staaten zu antworten.

Der global vernetzte Widerstand gegen den Kapitalismus darf sich durch staatliche Gewalt nicht aufhalten und sich nicht auf bloße, inhaltslose Konfrontation beschränken lassen, die es der herrschenden politischen Klasse erleichtern würde, Kritik und Protest zu diskreditieren. Die Diskussion um die ökologische Zukunft und die soziale Gerechtigkeit, ist im Hinblick auf den Globalisierungsprozess noch lange nicht beendet. Denn die Regierungschefs der G8 und die Weltbank haben nicht das Recht über die Zukunft unserer Erde und ihrer BewohnerInnen zu entscheiden!

Links:
www.genoa-g8.org
www.indymedia.de
www.attac.org
www.nadir.org/fels/